Donnerstag, 16. Oktober 2014
Leben in Xian: Mehr Lebensqualität dank historischem Erbe
Xian ist eine grosse, dicht bebaute und wegen der Winde aus der Lössebene meist etwas staubige Stadt. Die zahlreichen Alleen mildern diesen Eindruck, und in den letzten Jahren hat die Stadt die Pflege ihres kulturellen Erbes genutzt, um die Lebensqualität der Einwohnerzu verbessern. Nicht nur für die Touristen wird denreichen historischen Überresten grosse Aufmerksamkeit gewidmet. Neben dem „Tang Paradise“, einem grossen Themenpark im Süden der Stadt um zwei Seen mit mehr Kitsch als Geschichte ist in den letzten Jahren der riesige Park um den Daming-Palast entstanden und der Park um die Stadtmauer ist erneuert worden.

Im Damingpark

Das ausgedehnte Daming-Palast-Areal, erbaut nach Plänen, die unter der einzigen chinesischen Kaiserin im 7. Jahrhundert entworfen wurden, diente den Tang-Kaisern während mehr als zwei Jahrhunderten als Residenz – hier war das Zentrum des damals grössten Reichs der Welt in der grössten Stadt der Welt. Die über 3 km2 grosse Residenzstadt – viermal die Fläche der Verbotenen Stadt in Peking - wurde zum Vorbild für spätere Palastareale. 1957 wurden Überreste im Norden der Altstadt Xians entdeckt. Nachdem die archäologischen Arbeiten 1995-2003 realisiert werden konnten, wurde aus dem Gebiet ein Park gemacht. Ganze Quartiere und Fabriken wurden niedergerissen, Schulen verlegt und das Areal freigemacht – der Park nähert sich damit den Dimensionen des New Yorker Central Parks. Fototafeln zeigen den Zustand von 2008: enge Quartiere (ehemalige Dörfer), Einkaufszentren, wo heute Wiesen und Bäume sind. Die Teiche und Kanäle wurden wieder hergestellt, von den Gebäuden aber nur die wenigsten, oft wurden auch nur in moderner Bauweise die Konturen nachgezeichnet; am häufigsten sind die Grundrisse markiert, indem das Areal mit Ziegelsteinen um 50 Zentimeter erhöht wurde. Infotafeln auf Chinesisch und Englisch, Modelle von Palästen, Bronzefiguren u. ä. informieren über das ehemals Gewesene, es gibt auch ein archäologisches Zentrum. Zur Hauptsache ist der 2010 eröffnete Park aber eine riesige Grünfläche, die meist noch recht spärlich bevölkert ist; man kann ungestört Velo fahren, Drachen steigen lassen, Picknicken usw.

Eines der wenigen rekonstruierten Gebäude im Daming-Park

Man sieht dem Park teilweise an, dass er noch jung ist, viele Bäume sind noch klein, es gibt aber auch alte Baumbestände. Wenn man genug hat vom Lärm und der schlechten Luft der Stadt, bieteter eine willkommene Abwechslung. Was für ein Kontrast zu den engen Quartieren und den Brachflächen, die es im gleichen Stadtteil auch gibt; da wurden offenbar Gevierte niedergerissen, ohne dass man gleich baut: übersät von Müllhaufen, in den Menschen Recyclingfähiges sammeln, am Rand Ruinen und in einigen noch stehenden alten Häusern das übliche Leben mit Garküchen, Reparaturwerkstätten und Coiffeuren.

Auch das gibt es im selben Quartier

Auch rund um die Stadtmauer gibt es Erholungsfläche. Die renovierte 14.5 km lange ununterbrochene Stadtmauer ist als solches schon eine Attraktion – man kann sie mit dem Velo befahren oder begehen, aber das kostet etwas und ist eher für die Touristen.


Auf der Mauer

Gratis kann man sich hingegen im ebenso langen Park bewegen, der sich auf der Aussenseite entlang zieht und nur bei den heute zwölf Toren von teilweise schwer zu überwindenden Strassen unterbrochen wird. Der Park zwischen der Mauer und dem ausserhalb liegenden, ebenfalls rechteckig angelegten Kanal ist zwischen 20 und 50 m breit und vielfältig mit Bäumen und Büschen bepflanzt. Er ist voller Kinderspielplätze, Pingpongtische und Fitnessgeräte, die vor allem von älteren Menschen genutzt werden. Er ist in den letzten Jahren erneuert worden und wird sorgfältig gepflegt. Die ständig sichtbare hohe Stadtmauer gibt ihm eine besondere Atmosphäre; das gilt im übrigen auch für die Strassen an der Innenseite der Stadtmauer. So dient das enorme Bauwerk, das seinerzeit Feinde abhalten sollte, heute ganz anderen Bedürfnissen.



Park entlang der Mauer

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